Von 1925 bis 1973
In den folgenden Jahren, in denen u.a. auch Georg Nunnenmann und Hauptschullehrer Georg Kiefer als Vorstände fungierten, nahm der Verein erfreulicherweise eine stetige Aufwärtsentwicklung. Die Zahl von 30 aktiven und schließlich 88 passiven Mitgliedern konnte diese Tatsache am besten bekunden.
Dem Musikverein, der zu dieser Zeit dem damaligen Haardtmusik-Verband angehörte, hatte öfters Gelegenheit, in der Südpfalz sowie auch im benachbarten Baden sein Können unter Beweis zu stellen. In den dreißiger Jahren, in denen der Musikverein unter der umsichtigen Führung unseres heutigen Ehrenvorstandes Heinrich Mende stand, wurden einige Musikfeste veranstaltet. Während dieser Zeit musste die Kapelle einige Wechsel von Dirigenten hinnehmen. Wir denken dabei gerne an die Jahre zurück, in denen unser unvergesslicher Dirigent Wiegang aus Karlsruhe die Stabführung innehatte. Nachdem er von Jockgrim schied, fungierten die Musikkameraden Theobald Weixel, Egid Kirchmer und nicht zuletzt „Bub“ Wilhelm Klein als Dirigenten. Während den nun folgenden Kriegsjahren des 2. Weltkrieges ruhte die Tätigkeit des Vereins fast völlig. Vorstand Mende indessen nicht. Nach intensiver Jagd nach Adressen von Musikern des Musikvereins Jockgrim, die mittlerweile Frontsoldaten geworden waren, verschickte er Geldspenden und Päckchen an „seine“ Musiker. Dies tat er so lange, bis auch er Haus und Familie verlassen musste, um seinen Dienst für das Vaterland zu tun.
Auf den beiden Gedenktafeln auf dem Friedhof in Jockgrim sind u.a. auch 12 Namen von Musikern zu finden, die frohen Mutes hinausgezogen waren, ihr Vaterland zu verteidigen, aber nicht das Glück hatten, ihre Heimat wiederzusehen. Wir werden ihrer immer gedenken.
Bei diesem großen Verlust ist es jedoch nicht geblieben. Eine große Anzahl Instrumente, fast das gesamte Notenmaterial, Vereinsunterlagen wie Satzungen, Vereinschronik usw. sind den Folgen des Krieges zum Opfer gefallen. Den Männern, die sich im Jahre 1947 erneut zusammengeschart haben, stand ein Nichts gegenüber. Trotzdem ließen sie den Mut nicht sinken und begannen aus den „Trümmern“ einen neuen Musikverein zu schaffen.
Mit Genehmigung des französischen Gouvernements Germersheim wurde am 02. November 1947 der Musikverein im neuen Vereinslokal „Zur Einigkeit“ neu gegründet. Hier möchten wir unser Vereinsmitglied Karl Betz nicht vergessen, der in zäher Ausdauer das zu Ende geführt hat, was er sich vorgenommen hatte, nämlich die Genehmigung zu erwirken und den Verein neu zu organisieren.
Die Vorstandschaft übernahm Josef Weigel. Für ihn war es keine leichte Aufgabe, den Verein der jetzt nur noch 15 aktive und 44 passive Mitglieder zählte, auf den Weg zur Aufwärtsentwicklung zu führen. Nach den Dirigenten Dionys Weixel und Josef Weigel übernahm im Jahre 1951 Kurt Bilitza die Leitung der Kapelle und mit ihm der jetzige Ehrenvorstand Karl Hoffmann die Führung des Vereins. Der neue Dirigent konnte bei der Übernahme nur die eine Erkenntnis gewinnen, dass es jetzt an der Zeit sei, für Nachwuchs zu sorgen und so verließ Zug um Zug ein Schüler nach dem anderen seine Schule, um sich in der Kapelle einzureihen.
Das erste große Musikfest nach den Kriegsjahren und der Wiedergründung des Vereins wurde 1955 durchgeführt. Es war eine wirkliche Demonstration für die Volksmusik dank dem Idealismus der aktiven und passiven Mitglieder, aber nicht zuletzt auch der so musikbegeisterten Jockgrimer Bürger, die in jeder Hinsicht vorbildliche Festgäste waren.
Der Aufwärtstrend der Kapelle wurde deutlich in den Kritiken, die man bei verschiedenen Wertungsspielen erzielte. Die bereits geknüpften Freundschaftsbande mit den pfälzischen und den benachbarten badischen Musikkapellen wurden immer weiter ausgedehnt und 1956 sogar im Ausland fortgesetzt, indem wir gemeinsam mit den Musikvereinen Wörth und Hayna nach Holland reisten, um dort sehr nette Gastgeber zu finden. Prompt erwiderte 1957 die Blaskapelle „Sr. Cäcilia Nieuwenhagen“ durch einen Gegenbesuch diese freundschaftlichen Beziehungen. Auch bei der 700-Jahr-Feuer der Gemeinde Jockgrim, bei der unser Verein ein großes Programm absolvierte, durften wir unsere holländischen Freunde begrüßen, was wir im darauffolgenden Jahr mit einem Gegenbesuch dankten.
Überhaupt war das Jahr 1965 ein „großes Jahr“ für unseren Verein. Der noch junge Hans Metz, der den Posten des 1. Vorsitzenden im Jahr 1964 von Emil König übernommen hatte, scheute keine Arbeit und Mühe, um das 40jährige Jubiläum des Vereins, verbunden mit einem Bezirksmusikfest, zu einem großen Ereignis für unseren Ort werden zu lassen. Über 20 Kapellen wirkten damals mit und so wurde dieses Fest zu einem Markstein in unserer Vereinsgeschichte. Daneben konnte im gleichen Jahr unser Heimatort auf ein 700jähriges Bestehen zurückblicken. Die Kapelle erhielt zum ersten Male einheitliche Uniformen und unsere Musiker konnte man auch noch im Radio hören. Das alles trug dazu bei, den Musikverein Jockgrim auch außerhalb unserer Ortsgrenzen bekanntzumachen.
Im Jahr 1967 gab unsere Kapelle während der Bundesgartenschau in Karlsruhe ein großes Konzert und ein Jahr später stellten wir unser Können beim Wertungsspiel während des Verbandsmusikfestes in Durmersheim unter Beweis.
1967 übernahm Willi Neff den Vorsitz und mit ihm kam fast eine ganz neue „Mannschaft“ an das Vereinsruder. Die meisten von ihnen sind heute noch in der Vorstandschaft tätig, ein Zeichen von solider Tätigkeit und guter Zusammenarbeit. So standen auch die letzten Jahre glücklicherweise unter einem weiteren allgemeinen Aufwärtstrend. Wenn man im Jahre 1965 stolz war auf 34 Musiker, so darf man heute derer 56 zählen! Ein Beweis dafür, dass in Jockgrim auch die Jugendarbeit ihren festen Platz hat und schon immer oberstes Gebot war. Nachdem man 1965 eine Jugendkapelle gründete, auf deren Mitglieder sich die heutige Seniorenkapelle zum großen Teil stützen darf, tat man dies 1971 wieder. In beiden Fällen wurde die Ausbildung von aktiven Musikern vorgenommen. Mit der Jugendkapelle 1965 muss man un-bedingt die beiden Brüder Eugen und Hans Metz nennen, die damals in eigener Regie vorbildliche Arbeit leisteten.
Seit September 1969 hat unser Dirigent Hans Kolditz die Stabführung inne, und mit ihm konnten schon schöne musikalische Erfolge erzielt werden. So spielte die Kapelle 1971 beim Bundesmusikfest in Karlsruhe zum ersten Male seit ihrem Bestehen in der Oberstufe und unser Vortrag wurde von den strengen Wertungsrichtern als „Hochstehende Leistung“ anerkannt.
Das ist in groben Zügen die 180jährige Geschichte der Volksmusik und des Musikvereins Jockgrim. Dass man bei einer derartigen Schilderung nicht
in die Details gehen kann ist selbstverständlich; so muss man sich auf die markantesten Punkte beschränken. Die Aufzeichnung einer stetigen Entwicklung und Weiterführung einer alten Tradition, nämlich unserer Volksmusik, über Generationen hinaus, war das Ziel dieses Berichts.
Eine 180jährige Tradition ist mehr als ein Stück Vereinsgeschichte – sie ist Anlass zur Freude, aber zugleich Verpflichtung. Verpflichtung denjenigen gegenüber, die damals unter manchmal mühsamen Bedingungen den Grundstock legten, auf den wir heute noch bauen und auch weiterhin bauen wollen. Diese Verpflichtung wollen wir ernst nehmen und alles daran tun, dass unsere geliebte Volksmusik auch in Zukunft im kulturellen Leben unseres Ortes ihren festen Platz hat.